Softwarepatente

Allgemein

Die gegenwärtige Rechtslage, was Patentschutz für computerimplementierte Erfindungen betrifft, ist schwer durchschaubar.

Prinzipiell sind Computerprogramme „als solche“ laut dem EPÜ und den Patentgesetzen der Mitgliedsstaaten nicht patentierbar. Dennoch wurden vom EPA und den nationalen Patentämtern bereits Tausende von Patenten für computerimplementierte Erfindungen erteilt (EPÜ: rund 30 000 Patente auf Algorithmen und Computerprogramme). Viele dieser Patente betreffen Kernbereiche der Informationstechnik, wie z.B. digitale Datenverarbeitung, -erkennung, -darstellung und -speicherung.

Zwar unterliegen die nationalen Patentämter und das EPA ähnlichen Rechtsvorschriften für die Erteilung der Patente. Die jeweilige Anwendung in der Praxis der Mitgliedsstaaten weicht aber voneinander ab.

Vor allem unterscheidet sich die Rechtsprechung der Beschwerdekammer des EPA von der Rechtsprechung der Gerichte in den Mitgliedsstaaten. Dies führt dazu, dass eine computerimplementierte Erfindung in einem Mitgliedsstaat geschützt ist, in einem anderen dagegen nicht.

Warum kann ein Computerprogramm nun doch patentiert werden?

Nach Artikel 52 Absatz 2 EPÜ (und §1 Absatz 2 des österreichischen Patentgesetzes) sind Programme für Datenverarbeitungsanlagen „als solche“ keine Erfindungen und deshalb nicht patentierbar. Die Beschwerdekammern des EPA gehen davon aus, dass alle Erfindungen zunächst einmal technischen Charakter besitzen müssen. Programme an sich besitzen keinen technischen Charakter.

Wenn computerimplementierte Erfindungen nun allerdings einen technischen Charakter aufweisen, gelten sie für die EPA-Beschwerdekammern und die Gerichte der Mitgliedsstaaten als patentierbar.

Welchen computerimplementierten Erfindungen kann aber nun „Technizität“ zugesprochen werden?

Ein „technischer Charakter“ liegt dann vor, wenn die Erfindung einem Gebiet der Technik zuzuordnen ist. Die Erfindung muss einen Beitrag zum Stand der Technik leisten. Was allerdings ein technischer Beitrag ist, wird nicht genau definiert. Bei manchen bereits erteilten Patenten reichten „technische Überlegungen“ bei der Erfindung bereits aus!

Aus einem anderen verhandelten Fall1 geht hervor, dass alle Programme, die auf einem Computer ablaufen, per Definition als technisch gelten, da ein Computer eine Maschine ist.

Ein abstrakter Algorithmus dagegen ist als solcher nicht patentierbar. Ein Algorithmus gilt als rein logisches/theoretisches Konstrukt und ist von seinem Charakter her nicht technisch.

Das bedeutet, dass ein Patentanspruch auf eine Erfindung, die einen bestimmten Algorithmus verwendet, sich in der Regel nicht auf andere Anwendungen dieses Algorithmus erstreckt.

Die Rechtslage in den USA und in Japan

Im Unterschied zu Europa muss eine Erfindung in den USA keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik liefern. In den Vereinigten Staaten genügt es, wenn eine Erfindung einem Gebiet der Technik angehört; sie muss den Stand der Technik nicht bereichern. Schon dadurch, dass für eine Erfindung ein Computer oder Software zum Einsatz kommt, wird sie Teil des Gebiets der Technik, sofern sie auch noch ein „nützliches, konkretes und greifbares Ergebnis“ beinhaltet.

In Japan gilt traditionell eine mit Europa vergleichbare Haltung: Eine Erfindung muss eine fortgeschrittene Umsetzung technischer Ideen unter Anwendung eines Naturgesetzes darstellen.

EU-Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen

Um die Probleme zu beseitigen, die sich durch die Rechtsunsicherheit ergeben, hat die Europäische Kommission am 20.02.2002 einen Vorschlag für eine Richtlinie „über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen“ vorgelegt. Die Richtlinie soll nationale Patentgesetze harmonisieren und für die Transparenz der Patentierungsvoraussetzungen sorgen.

Die Richtlinie soll sicherstellen, dass eine computerimplementierte Erfindung in allen Mitgliedsstaaten patentierbar ist, sofern sie einen technischen Beitrag leistet.

Eine Entscheidung über die Umsetzung diese Richtlinie wird noch im Juni 2003 erwartet.

Kritik an Softwarepatenten und EU-Richtlinie

Befürworter von Softwarepatenten nennen folgende Argumente:

Unter den Befürwortern befindet sich u.a. die amerikanische Business Software Alliance (BSA), die Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas (UNICE), der Europäische Verband der informations- und kommunikationstechnischen Industrie (EICTA) und European IT Services Association (EISA).

Zu den Softwarepatentgegnern zählen vor allem Open-Source Anhänger, die Eurolinux-Allianz, der deutsche Linux-Verband und der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e. V. (FFII).

Argumente gegen Softwarepatente:

Anstoß an der EU-Richtlinie erregt vor allem die schwammige Definition von 'Technik', die nach Ansicht der Kritiker nahezu jede Software zur Patentierung zuließe.

Obwohl die negativen Reaktionen der Softwarepatentgegner weitaus zahlreicher sind, wird den Befürwortern zweifellos mehr wirtschafliches Gewicht beigemessen.

1Controlling pension benefits system/PBS, Entscheidung T-0931/1995 vom 08.09.2000