2.6. Rechtliche Rahmenbedingungen

Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es in Österreich bisher eher keine Probleme, da sich praktisch alle Telearbeitsmodelle in nur zwei arbeitsrechtlichen Modellen abspielen [MOSL91]. Dies sind entweder ein ganz normales Arbeitsverhältnis mit dislozierter "Betriebsstätte" an einem anderen Ort, wie z. B. dem Wohnort des Telearbeiters, oder Selbständige, die aufgrund eines Werkvertrages beschäftigt werden. In manchen Fällen kann auch das Heimarbeitsgesetz Anwendung finden, doch ist für dessen Anwendbarkeit eine überwiegend manuelle Tätigkeit zur Bearbeitung eines marktfähigen Produktes notwendig, was bei Telearbeit nur selten auftritt.

Mit weiterer Verbreitung der Telearbeit ist aber schon jetzt absehbar, daß mit diesen Arbeitsformen nicht das Auslangen gefunden werden kann, da es im Interesse der Betriebe steht, Werkverträge zu vergeben, was Kosteneinsparungen mit sich bringt, während Arbeitnehmer daran interessiert sind, normale Angestellte zu bleiben oder zu werden, um die Vorteile dieses Status (Versicherung, Arbeitslosigkeitsabsicherung, ...) zu erhalten. Ein Versuch in diese Richtung ist in der Neuregelung der Werkverträge zu sehen, die einen allgemeinen Trend in Richtung Werkvertrag (unabhängig von Telearbeit) in richtige Bahnen zu lenken versucht.

Die geringsten Probleme ergeben sich, wenn der Telearbeiter weiterhin Angestellter bleibt, doch ergeben sich auch dann einige Problempunkte, die noch nicht befriedigend geregelt sind. Es sind dies die Arbeitszeit und die Kontrolle des Arbeitnehmerschutzes. Allgemeingültig für alle Formen der Telearbeit ist das Fehlen von klaren Regelungen in finanzieller Hinsicht für die Einrichtungskosten eines Telearbeitsplatzes.

2.6.1. Arbeitszeit

Das Problem liegt hier darin, daß es dem Arbeitgeber praktisch nicht möglich ist, die Kontrolle der vorgeschriebenen Ruhepausen durchzuführen. Daher beschränkt sich die Kontrolle in der Praxis auf Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung. Da diese Aufzeichnungen "zur Überwachung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten" dienen (§26 Arbeitszeitgesetz), sind auch Lage und Dauer der Ruhepausen miteinzubeziehen ([MOSL91], [KOLM96a,b]).

2.6.2. Kontrolle des Arbeitnehmerschutzes

Für die Kontrolle des Arbeitnehmerschutzes ist das Arbeitsinspektorat zuständig, und zwar auch für jene Arbeitsstellen, die sich außerhalb des Betriebsstandortes befinden, also auch die Wohnung des Telearbeiters. Da der Arbeitgeber aber meist keine Verfügungsberechtigung über die Wohnung des Arbeitnehmers hat, kann diese nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers durch den Arbeitsinspektor besichtigt werden. Nach einem Verwaltungsgerichtshofurteils hat der Arbeitgeber aber durch privatrechtliche Vereinbarungen mit dem Kunden dafür zu sorgen, daß die Arbeitsstellen dem Arbeitsinspektor zugänglich sind [MOSL91]. In den Musterverträgen der GPA ist allerdings in dieser Hinsicht nichts vorgesehen, sondern es ist nur enthalten, daß die gültigen Vorschriften über Ergonomie und Sicherheit bei der Aufstellung zu beachten sind [KOLM96a]. Daher wird gefordert, sowohl für den Arbeitgeber wie auch für Inspektoren, ein gesetzliches Besichtigungsrecht zu schaffen [CORD96]. In manchen neueren Telearbeits-Verträgen ist eine gemeinsame Besichtigung durch Arbeitgeber und Betriebsrat vorgesehen ([GTE]: Amerika, nur Vertreter des Betriebs).

2.6.3. Steuerrechtliche Aspekte

Die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes erfordert höhere Investitionen für Computer, Fax, Telefon, Telekommunikationsanschluß usw. Für diese Kosten fehlen insbesondere im Fall unselbständig Erwerbstätiger, die diese Einrichtung selbst zur Verfügung stellen, die klaren Regelungen betreffend die Abschreibungsmöglichkeiten. Nach den Musterverträgen, die jedoch nur Unselbständige betreffen, ist dies allerdings unnötig, da die gesamten Arbeitsmittel vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen sind [GPA], [EURO95b].Weiters sollte auch über eine Förderung der Telearbeitsplätze nachgedacht werden, durch die ja auch der Pendelverkehr abnimmt, wozu beispielsweise ein Ersatz der Pendlerpauschale, ein Zuschuß zur Errichtung oder dem Betrieb [WIRT94] oder ein Freibetrag für die Bereitstellung von Arbeitsraum in Privatwohnungen möglich wären [MÜHL96]. Es wird daher der Europäischen Kommission empfohlen, "den fiskalischen Status verschiedener Telearbeitsformen klarzustellen" [CORD96].

2.6.4. Arbeitsunfälle

Bei Tele-Heimarbeit ergibt sich das Problem, wann ein Unfall als "Arbeitsunfall" zu werten ist, und wann als "Freizeitunfall". Dieses Problem stellt sich in verminderter Form dar, wenn ein eigener Raum für die Arbeit vorhanden und die Dienstzeit fix festgelegt ist, und der Unfall innerhalb dieser Grenzen erfolgte. Besonders problematisch ist hingegen der Fall, daß keine bestimmten Arbeitszeiten vereinbart sind, da dann bei dem notwendigen Beweisverfahren der AUVA Probleme auftreten können. Aus diesem Grund wird beispielsweise von der GPA gefordert, daß der Arbeitgeber eine Zusatzversicherung für den Telearbeiter abzuschließen hätte [EURO95b].

2.6.5. Versicherung

In gewerkschaftlich orientierten Publikationen wird auch eine Ausdehnung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetztes auf Angehörige und Besucher sowie eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gefordert [KOLM96b]. Demgegenüber wird auch in manchen Fällen eine zwangsweise zusätzliche Haftpflichtversicherung verlangt, über deren Höhe der Arbeitgeber entscheidet ([GTE]: Punkt 6, Abs. 2).

2.6.6. Nicht-Erfüllung von Zielen bei MBO

Unabhängig von Telearbeit stellt sich bei MBO das Problem, wenn Aufgaben innerhalb eines längeren Zeitrahmens zu erledigen sind und diese aus irgendeinem Grund nicht erfüllt werden können. Ein Beispiel wäre eine Aufgabe, die ca. 20 Stunden dauern würde und in 2 Wochen zu erledigen ist. Wird der Mitarbeiter nun am 9 und 10 Tag krank oder fällt der Computer- oder die Telekommunikationsausstattung aus, so kann es zu zwei Fällen kommen:

  1. Der Telearbeiter erledigte die 20 Stunden an den ersten 2 Tagen und die Leistung kann problemlos rechtzeitig erbracht werden.
  2. Der Telearbeiter wollte die Aufgabe aus irgendwelchen Gründen (persönliche Einteilung, andere Aufgaben, ...) an den letzten 2 Tagen durchführen und es sind am Ende der zwei Wochen überhaupt keine Ergebnisse vorhanden.

Im zweiten Fall stellt sich die Frage, ob der Mitarbeiter Anspruch auf die Bezahlung hat, was einer genauen Regelung bedarf. Viel wichtiger für den Betrieb ist jedoch, daß überhaupt kein Ergebnis vorliegt und dies auch nicht vorhersehbar ist. Denn werden Mitarbeiter nicht bei MBO geführt, so wird eine Überlastung und daher nicht rechtzeitige Fertigstellung schon viel früher entdeckt und es können Gegenmaßnahmen (Überstunden, zusätzliches Personal, ...) getroffen werden. Es ist also bei MBO besonders wichtig, daß der Unternehmer immer über den Fortschritt auf dem laufenden gehalten wird und Ausfälle sofort gemeldet werden. Auf jeden Fall ist aber eine Regelung notwendig, die entweder im Telearbeitsvertrag (z.B. [GTE] Punkt 5 Abs. 6: Verhalten bei Ausfall von Arbeitsmitteln) oder in gesetzlichen Rahmenbedingungen verankert sein muß.


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Email an: sonntag@fim.uni-linz.ac.at Letzte Änderung: 6.10.1997
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