Selbstorganisation von Fertigungssystemen


Die Prinzipien der Selbstorganisation können zum Beispiel auch auf Fertigungssysteme angewendet werden. Das vorgestellte Model versucht biologische Konstruktion (mittels Selbstorganisation) und Optimierung (mittels Evolution) auf Fertigungssysteme anzuwenden. Die einzelnen selbstorganisierenden Einheiten werden durch die verschiedenen Fertigungszellen realisiert. Der Hauptzweck dieser Vorgangsweise besteht darin, bei Ausfall oder Störung von einzelnen Fertigungszellen eine dynamische Änderung des gesamten Systems zu erreichen und das Fertigungsziel weiterhin zu gewährleisten.

Die Methode scheint geeignet, Fertigungsstraßen zu realisieren bei denen häufige Veränderungen auftreten und ständige Anpassungen an diese Veränderungen notwendig sind.

Zwei verschiedene Ansätze

Das Konzept "biologischer" Fertigungssysteme kann in zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze aufgeteilt werden:

  1. Der produktionsorientierte Ansatz faßt das Fertigungssystem als eine Menge von individuellen Einheiten, den sogenannten Fertigungszellen, auf. Diese Einheiten "reagieren" auf die Stimuli der Umgebung mit der Produktion von Produkten.
  2. Der produktorientierte Ansatz faßt das einzelne Produkt als einen in der Umwelt "lebenden" Organismus auf. Dabei tritt jedes Produkt mit anderen Produkten in Wettstreit bezüglich Form, Funktionalität und anderen Eigenschaften.


Die beiden Ansätze schließen sich gegenseitig nicht aus sondern können sowohl getrennt voneinander als auch in Kombination modelliert werden. Das in der Folge vorgestellte Model konzentriert sich auf den ersten der beiden Ansätze.

Die Fertigungsstraße als eine Gesellschaft von Zellen

Bei biologischen Organismen resultiert ein Stimulus aus der Umgebung in einer Reaktion. Diese Reaktionen beschreiben das Verhalten des betreffenden Organismus. Wie bereits oben erwähnt, sollte ein Stimulus im Fertigungssystem als "Reaktion" ein Produkt ergeben. Um dieses Ziel zu erreichen, besteht nun die Möglichkeit das gesamte Fertigungssystem als eine Menge von Fertigungszellen zu betrachten, die untereinander die Halbfabrikate austauschen und diese zu fertigen Produkten zusammenfügen. Die einzelnen Fertigungszellen sind dabei nur in der Lage einige wenige grundlegende Operationen auszuführen.

Die Hauptfrage ist nun, wie die Struktur dieses Netzwerkes von Fertigungszellen aussehen muß, um einerseits die Transportwege zu minimieren und andererseits die "Arbeitslast" gleichmäßig und ohne Erzeugung von Engpässen auf alle Zellen zu verteilen.

Die konkrete Fertigungsstraße

Bei herkömmlichen Arbeitsabläufen wird (üblicherweise durch einen Ingenieur) mit Hilfe von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit die Reihenfolge des Produktionsablaufes bzw. der Weg durch die Menge von Fertigungsstationen fix vorgegeben. Beim hier vorgestellten selbstorganisierten Ansatz wurden bei der Simulation einerseits Transporter zur Beförderung der Halbfabrikate und andererseits (bewegliche!) Fertigungszellen angenommen. Die Geschwindigkeit der Fertigungszellen wurde dabei deutlich geringer als jene der Transporter gewählt.

Die Fertigungszellen üben nun bei Bedarf von Halbfabrikaten zur Verarbeitung, anziehende Wirkung auf Transporter aus die mit solchen Halbfabrikaten beladen sind. Andererseits bewegen sich die Fertigungszellen selbst (langsam) auf Transporter mit benötigten Halbfabrikaten zu. Leere Transporter werden wiederum von Fertigungszellen angezogen, die bereits fertig verarbeitete Halbfabrikate vorrätig haben. Dabei berücksichtigt wurde das gelegentliche Ausfallen von einzelnen Fertigungszellen bzw. Transportern.

Die resultierende Anordnung von Fertigungszellen bzw. die Verteilung von Transportern zwischen den Zellen ist üblicherweise zwar nicht die optimale (bei einwandfreier Funktion aller Einheiten), aber jene, die am flexibelsten auf Fehler bzw. Fehlfunktionen einzelner Einheiten reagieren kann.

Bewertung der Güte von selbstorganisierten Fertigungssystemen

Für diesen Zweck kommt eine Menge von Maßzahlen in Frage. Im folgenden sind einige davon als Richtlinie angeführt:

Schlußfolgerung

Die vorgestellten Ansätze sollen zeigen, daß es möglich ist Fertigungssysteme aus der Sicht der Selbstorganisation zu betrachten und mittels entsprechender Modelle und Simulationen brauchbare Strukturen für solche Systeme zu finden.