Der Fall Napster
Rechtliche und technische Aspekte des Filesharing im Internet

von BAUMGARTNER Markus und ECKER Robert

Einleitung

Nach einer Studie des amerikanischen Forschungsinstituts Gartner Group, die an amerikanischen Filesharing-Usern durchgeführt wurde, sind 28% der Befragten der Meinung, die Nutzung von Filesharing-Systemen wie Napster zum Download kommerziell erhältlicher Musikstücke sei illegal. Interessanterweise war ein ähnlich hoher Anteil der Befragten der gegenteiligen Ansicht. Bei Personen, die bisher kein Filesharing-System benutzt haben, lag der Anteil derer, die die Nutzung derartiger Systeme für illegal hielten, bei 42%.

Würde diese Befragung hierzulande durchgeführt werden, sähe das Ergebnis wohl kaum anders aus. Selbst unter Juristen ist die Rechtslage in dieser Hinsicht nicht unumstritten und vielfach noch nicht einmal einer genauen Analyse unterzogen worden. Es verwundert daher nicht, dass der Durchschnittsuser keine Kenntnis der diesbezüglichen Rechtslage hat.

 

Rechtslage

Es existieren zu diesem Thema kaum genaue juristische Analysen. Insbesondere fehlt derzeit eine juristische Analyse unter Anwendung von österreichischem Recht. Maßgeblich hierzu wäre das "Bundesgesetz über das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Kunst und über verwandte Schutzrechte, BGBl. 1936/111 idF. BGBl. I 1998/25 (UrhG-Nov 1997)". In unserem Nachbarland Deutschland, das über ein vergleichbares Urheberrechtsgesetz verfügt, findet man sich widersprechende Analysen. Angewandt wurde das "Gesetz über Urheberrechte und verwandte Schutzrechte
(Urheberrechtsgesetz"
. Man wird daher auf Präzedenzfälle und erste Gerichtsurteile warten müssen, um Klarheit über die juristische Auslegung des UrhG zu diesem Thema zu erlangen.

 

Drei sich widersprechende Aufsätze zum Thema "Urheberrecht und MP3"

 

Frederike Hänel: "Napster und Gnutella - Probleme bei der Übertragung von MP3-Dateien nach deutschem Urheberrecht"

(http://www.jurpc.de/aufsatz/20000245.htm)

In diesem Artikel analysiert die deutsche Juristin Frederike Hänel die rechtlichen Probleme bei der Übertragung von MP3-Dateien im Internet. Der erste Teil befasst sich mit dem Download von MP3-Dateien aus dem Internet, womit vor allem WWW und FTP gemeint ist. Im zweiten Teil des Artikels geht die Autorin speziell auf Filesharing-Systeme wie Napster und Gnutella ein und versucht, folgende Fragen zu beantworten:

Die Antworten auf diese Fragen kann man im Artikel genauer nachlesen. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Autorin zu dem Schluß kommt, daß auf legale Weise kein Download von urheberrechtlich geschützter Musik aus dem Internet ohne Zustimmung des Urhebers erfolgen kann. Abschließend führe ich noch einen Auszug aus der der im Artikel gezogenen Conclusio an:

"Bei dem Datentransfer in den Softwaresystemen wie Napster und Gnutella verletzt sowohl derjenige, der sich MP3-Dateien nur herunterlädt, als auch derjenige, der die Dateien für den Zugriff durch Dritte bereithält, Urheber- und Leistungsschutzrechte.

(...)

Die Bewertung, dass das System insgesamt urheberrechtswidrig ist, bedingt, dass nach deutschem Recht Napster, Inc. abgeschaltet werden müsste, sobald die Berechtigten Unterlassungsansprüche geltend machen."

 

Till Kreutzer: "Über den Mythos von der Rechtswidrigkeit von Filesharing-Systemen nach dem deutschen Urheberrecht"

(http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4857/1.html)

Till Kreutzer, Mitarbeiter in einer Hamburger Rechtsanwaltskanzlei, befaßt sich in diesem Artikel sehr ausführlich mit dem Thema Filesharing und Urheberrecht. Die Quintessenz seines Artikels liegt in der Behauptung, die Rechtswidrigkeit von Filesharing-Systemen per se sei ein Mythos. Hier ein Auszug aus dem Artikel:

"Es bleibt also folgende Erkenntnis: Wenn man an Filesharing teilnimmt, ist dies legal, da man keine Erlaubnis hierfür braucht. Man darf Musik (nicht aber Software) kopieren und weitergeben, muss aber hierfür zahlen. Für die Kopien hat dies ohnehin getan, wer die Speichervorrichtungen und -medien gekauft hat. Für das Angebot sind Vergütungen zu zahlen, wobei bislang von Seiten der Berechtigten nicht klargestellt wurde, wie derartiges durchzuführen ist. Eine Möglichkeit hierfür könnte durch die Abonnementvergütungen, wie bei Napster-Bertelsmann-Edel geplant, erfolgen."

Nach Kreutzer ist also Filesharing erlaubt, sofern man dafür Abgaben an den Urheber entrichtet. Kreutzer erklärt weiters, daß es bis dato keine geeigneten Systeme gibt, mittels derer man diese Abgaben entrichten könne. Bis dies der Fall sei, dürfe daher Filesharing auch ohne die Entrichtung von Abgaben legal betrieben werden.

Hinsichtlich der Verantwortung Napsters erklärt Kreutzer folgendes:

"Das Angebot der Napster-Server und der sonstigen Infrastruktur wird nach dem Teledienstegesetz wie das Access-Providing behandelt. Aus der entsprechenden Haftungsvorschrift ergibt sich, dass solche Zugangsvermittler gar nicht für fremde Rechtsverstöße haften müssen. Im übrigen ergibt sich auch aus dem Urheberrecht nichts anderes hinsichtlich der Haftung für illegale Handlungen Anderer."

Vollkommen konträr zur Meinung Hänels schließt hier Kreutzer die Haftung der Firma Napster Inc. aus. Begründet wird dies nicht durch die ebenfalls von Kreutzer erklärte Legalität des Filesharing, wie man vermuten könnte, sondern durch die Einstufung Napsters als Zugangsvermittler, der generell nicht für eventuell begangenen Mißbrauch des von ihm angebotenen Dienstes haftbar gemacht werden könne.

 

 Thorsten Braun: "Rechtsfragen von Filesharing-Systemen aus Sicht des deutschen Urheberrechts – Entgegnung auf das Thesenpapier von Till Kreutzer –"

(http://www.hgb-leipzig.de/~vgrass/semi-napster/braun-thesen.html)

Thorsten Braun, Referent für Urheberrecht der IFPI in Deutschland, antwortet auf ein von Till Kreutzer verfasstes Thesenpapier, das inhaltlich mit dem oben zitierten Artikel größtenteils übereinstimmt, mit einer kurzen Entgegnung. Darin stellt er 6 Thesen auf, in denen er den von Kreutzer aufgestellten Behauptungen widerspricht. Hier zwei der Thesen:

"1. These: Die Teilnehmer von Filseharing-Systemen wie Napster sind nicht berechtigt, digitalisierte Musikstücke zu vervielfältigen.

(...)

3. These: Die Napster-Software ist als solche nicht ohne weiteres legal."

 

Conclusio

Wie anhand der oben angeführten, widersprüchlichen Analysen dreier deutscher Juristen deutlich wird, ist die Rechtslage zum Thema Filesharing im Internet alles andere als unumstritten. Obgleich den Artikeln das deutsche Urheberrecht zugrundeliegt, dürfte die Rechtslage in Österreich aufgrund der Ähnlichkeit der beiden Urheberrechtsgesetze eine vergleichbare sein. Bis erste Gerichtsurteile vorliegen, die die Rechtslage klären, bleibt es also dem einzelnen Benutzer überlassen, ob er sich an Filesharing-Systemen beteiligt und somit eventuell strafbar macht.