Einführung

Bevor wir uns näher mit E-Commerce auseinandersetzen, ist es von besonderer Bedeutung die damit verbundenen Schritte zur Erzielung eines Vertrages mit Rechtsgültigkeit zu betrachten. Die folgende ist keine ausführliche rechtliche Abhandlung, sondern soll bloß typische Fälle und Fragestellungen abdecken. Um leichtere Verständlichkeit zu erreichen, wurden daher viele Sonderregeln und Ausnahmen einfach ignoriert.

Wie schließt man über das Internet einen Vertrag?

Im Prinzip genauso wie sonst auch: Ein Vertrag wird durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen geschlossen: Angebot und Annahme des Angebots. Der eine Vertragspartner erklärt z. B., etwas kaufen zu wollen, der andere sagt zu (oder liefert einfach das Gewünschte) und akzeptiert dadurch den Vertrag. Für die meisten Verträge gibt es keine rechtlichen Formvorschriften. Sie können mündlich, telefonisch, schriftlich, durch allgemein anerkannte Zeichen (Nicken) oder auch stillschweigend geschlossen werden; Klassisches Beispiel dafür ist der Kaufvertrag, den man an der Supermarktkasse schließt.

Ist für die Gültigkeit eines Vertrages eine Unterschrift notwendig?

Nein. Die Unterschrift ist für die Gültigkeit eines Vertrages in der Regel nicht erforderlich. Schickt A dem B eine e-mail Verkaufst Du mir Dein Auto um ATS 200.000? und B antwortet Ja!, dann ist das - wenn beide es ernst meinen - ein gültiger, einklagbarer Vertrag. Angesichts der saloppen Form, die bei Geschäften dieser Größenordnung unter Privatpersonen unüblich ist, wird ein Gericht im Streitfall aber wahrscheinlich entscheiden, daß die beiden sich noch nicht binden wollten. Das liegt aber nicht an der fehlenden Unterschrift sondern an der unüblichen Form. Dieselbe Wortwahl wird vom Gericht als gültiger Vertragsabschluß angesehen werden, wenn sie von Autohändlern verwendet wird, die in regelmäßiger Geschäftsbeziehung stehen.

Welchen Zweck hat eine Unterschrift?

Sowohl die handgeschriebene als auch die digitale Unterschrift dienen in erster Linie der Beweissicherung. Ist die e-mail des A unterschrieben, so kann B später beweisen, daß sie tatsächlich von A erstellt und abgesendet wurde. Die Unterschrift ist also nicht so sehr im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von Bedeutung sondern später: Wenn es zu Streitigkeiten kommt, verhindert die Unterschrift, daß eine Vertragspartei plötzlich behaupten kann, sie hätte mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun, bzw. sie habe bestimmte Bedingungen niemals akzeptiert.

Die Unterschrift gewährleistet Rechtssicherheit für den Vertragspartner. Es ist daher sinnvoll, vom Vertragspartner zu verlangen, daß er seine Willensäußerung (z. B. seine Bestellung) unterschreibt.

Wird eine digitale Unterschrift vor Gericht als Beweismittel anerkannt?

Auch wenn noch kein konkreter Fall bekannt ist, kann man klar sagen: Ja! In sämtlichen Regelungen des Verfahrensrecht (zivilgerichtliches Verfahren, Verwaltungsverfahren, Strafverfahren) gilt der Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel. Alles, was zur Klärung des strittigen Sachverhalts beitragen kann, ist als Beweismittel zulässig! Es können daher - auch wenn das viele nicht glauben - auch hingekritzelte Telefonnotizen, e-mails, Zeugenaussagen von Kindern etc. vor Gericht bzw. vor Behörden vorgebracht werden.

Das heißt natürlich nur, daß sich das Gericht mit dem Beweismittel auseinandersetzen muß. Ob es ihm Glauben schenkt, ist eine andere Frage:

Welchen Beweiswert hat eine digitale Unterschrift?

Obwohl eine weitverbreitete Ansicht etwas anderes besagt, gibt es in Österreich (und den meisten anderen Staaten) keine festen Beweisregeln, sondern den Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Es ist nicht so, daß die Zeugenaussage von zwei oder zehn Personen mehr zählt als die von einer. Es ist auch nicht wahr, daß eine unterschriebene (oder sogar notariell beglaubigte) Urkunde prinzipiell glaubwürdiger ist als eine nicht unterschriebene. Jedes Beweismittel ist vom Richter/von der Behörde nach seinem jeweiligen Gehalt nach freier Überzeugung zu würdigen.

Bei der Beurteilung eines Beweismittels kommt es natürlich in erster Linie darauf an, was sein Inhalt ist. Die beste notariell beglaubigte Urkunde nützt überhaupt nichts, wenn das, worauf es im Verfahren ankommt, nicht darin erwähnt ist.

Weiters ist zu prüfen, wie glaubwürdig das Beweismittel ist. Hier liegt der entscheidende Vorteil der digitalen Unterschrift, da sie praktisch fälschungssicher ist. Zeugen hingegen können lügen oder sind vergeßlich, und Urkunden (auch unterschriebene Urkunden) können gefälscht werden.

Einige Unterschiede zwischen handschriftlicher und digitaler Unterschrift

Die digitale Unterschrift bezieht das gesamte unterschriebene Dokument ein. Sie wird erzeugt, indem eine (sehr stark komprimierte) Kurzfassung des Dokuments auf eine spezielle Art verschlüsselt wird. Wird auch nur ein Zeichen des Dokuments nachträglich verändert, so paßt die Unterschrift nicht mehr zum Inhalt des Dokuments. Die handschriftliche Unterschrift hingegen wird meist nur auf der letzten Seite eines Vertrages angebracht. Die Seiten davor können später ausgetauscht werden, ohne daß es auffällt. Auf einem Telefax kann die Unterschrift leicht manipuliert werden, indem man mit Schere und Klebstoff die Unterschrift eines anderen Dokuments verwendet und die Fälschung anschließend kopiert. Da digitale Unterschriften immer eine Kurzfassung des unterschriebenen Dokuments enthalten, können sie nicht in ein anderes Dokument hineingeschummelt werden.

Für den Beweiswert einer e-mail ist es von entscheidender Bedeutung, ob eine digitale Unterschrift darauf enthalten ist. Bei Briefen ist die Unterschrift nicht so wichtig: Auch die verwendete Papiersorte, der vorgedruckte Briefkopf, die Typen der verwendeten Schreibmaschine und anderes weisen auf den Urheber eines Briefes hin. e-mails hingegen kommen ohne jedes Trägermaterial an. Sie bestehen ausschließlich aus den gesendeten Zeichen. Jedes einzelne Zeichen könnte aber auch vom Empfänger selbst getippt worden sein. Das einzige, was nur der Absender erstellen konnte, ist die digitale Unterschrift.

Was ist, wenn jemand seinen geheimen Schlüssel weitergibt?

Ein Vorteil der handschriftlichen Unterschrift besteht darin, daß der Absender eines Briefes das Unterschreiben nicht delegieren kann. Seine Unterschrift beweist immer, daß er das Papier zumindest am Schreibtisch liegen hatte - ob er es gelesen hat, ist natürlich eine andere Frage. Die digitale Unterschrift kann von jedem erstellt werden, der Zugriff auf den secret key hat und die pass phrase kennt. Dieser Nachteil der digitalen Unterschrift ist aber in der Praxis nicht so schlimm, wie es auf den ersten Blick aussieht. Das dabei entstehende rechtliche Problem ähnelt dem der Verwendung fremden Briefpapiers oder fremder Stempel, ist also nichts Neues.

Nehmen wir an, Sie erhalten eine Bestellung des Geschäftsmanns G. Herr G ist faul und läßt alle Arbeit von seiner Sekretärin S erledigen. G ist auch geizig und hat für seine Sekretärin keinen Schlüssel zertifizieren lassen. S verwendet daher den Schlüssel von G. Es kommt zu einem Gerichtsverfahren, in dem Sie leicht beweisen können, daß die Bestellung eine digitale Unterschrift von G trägt. Doch G redet sich darauf aus, daß er nichts davon wisse. Er habe seinen Schlüssel an S weitergegeben, diese habe die Bestellung ohne seinen Willen durchgeführt etc. etc.

In der Regel wird das Gericht so entscheiden: Die Bestellung sieht so aus, als ob sie von G stamme. Dieser Umstand wurde von G zumindest fahrlässig verschuldet ("Erklärungsfahrlässigkeit"), daher ist die Bestellung dem G zuzurechnen und es ist ein gültiger Vertrag zwischen ihnen und G entstanden. Daß G den Vertrag eigentlich nicht wollte, tut nichts zur Sache. Er muß den Kaufpreis bezahlen.

Welchen rechtlichen Vorteil bringt die Zertifizierung von Schlüsseln?

So wie jeder das Schriftbild seiner Unterschrift selbst wählen (und evtl. auch manipulieren) kann, kann sich auch jeder seine Schlüssel selbst generieren und damit digitale Unterschriften unter beliebigen Namen erzeugen.

Um die Unterschrift verläßlich einer bestimmten Person zuordnen zu können, müssen Unterschrift mit einem Muster verglichen werden - bei digitalen Unterschriften ist der zertifizierte öffentliche Schlüssel (Public Key) ein solches Muster. Die digitale Unterschrift hat dabei gegenüber herkömmlichen Unterschriften zwei entscheidende Vorteile. Erstens wird die Überprüfung der Unterschrift fehlerfrei durchgeführt - bei handschriftlichen Unterschriften ist der Vergleich mit dem Muster immer etwas riskant. Zweitens kann der Public Key auch leicht über große Entfernungen beschafft werden. Personen müssen das Muster also nicht selbst beim ersten Kontakt mit dem Geschäftspartner überprüfen, sondern können sich auf die Überprüfung verlassen, die jemand anderer, i.A. der Zertifikatsaussteller durchführt.

Verwendet jemand einen zertifizierten Schlüssel, dann kann man sicher sein, daß diese Person existiert, und zum anderen können Namen und das Geburtsdatum dieser Person jederzeit vom Keyserver des Zertifikatausstellers abgerufen werden.

Im begründeten Einzelfall, werden auch andere Informationen zur Verfügung gestellt, die über die betreffende Person bekannt sind.

Vermeidung von Gerichtsverfahren

Auch wenn es nach dem oben gesagten nicht so aussieht: Der Hauptzweck von digitalen Unterschriften liegt natürlich nicht darin, in Gerichtsverfahren siegreich zu sein. Vielmehr soll die starke Beweiskraft einer digitalen Unterschrift dazu führen, daß Gerichtsverfahren eben wegen ihres vorhersehbaren Ausgangs überhaupt nicht notwendig sind.

Wenn es aber zu einem Gerichtsverfahren kommt, dann trägt die Tatsache, daß ein bestimmtes Dokument unterschrieben ist, stark zur Verkürzung des Verfahrens bei. Auch bei herkömmlichen Unterschriften (die viel leichter gefälscht werden können als digitale Unterschriften), kommt es praktisch nie dazu, daß ein graphologisches Gutachten über die Echtheit der Unterschrift notwendig wird. Da das Ergebnis nur allzu voraussehbar ist, stellen alle Beteiligten die Echtheit außer Streit.

Grau ist aller Theorie

Die digitale Unterschrift ist juristisch nicht notwendig, um einen gültigen Vertrag zu schließen. Aufgrund ihrer hohen Fälschungssicherheit ist eine digital unterschriebene e-mail aber ein sehr starkes Beweismittel. Die Verwendung digitaler Unterschriften dient der Beweissicherung und damit der Rechtssicherheit. Es ist also ratsam von Geschäftspartnern - insbesondere solchen, die man persönlich nicht kennt - zu verlangen, daß sie ihre Bestellungen digital unterschreiben bzw. daß sie zertifizierte Schlüssel verwenden.

Die Probleme beginnen jedoch erst richtig bei E-Commerce, da dort keine Regelungen zur Signatur von Bestellungen verbreitet sind. Es wird später noch genauer darauf eingegangen, welche Möglichkeiten der Konsument bei Mißbrauch von Kreditkarten o.dgl. hat, um sich abzusichern. Unterm Strich bleibt dennoch das Problem, daß Online-Shops generell davon ausgehen, daß ein Geschäft auch ohne Unterschrift abgeschlossen werden will, was dem Konsument in bis zu 10% der Geschäftsfälle von Online-Shops unangenehm zurückfällt.