Implementierung und Re-Design  

Bisher waren in erster Linie die Anwender mit der Gestaltung der Prozesse/IV-Systeme und der Benutzerschnittstelle beschäftigt. Die Prozesse wurden zielorientiert gestaltet und den Wünschen der Anwender entsprechend angepasst. Nach Abschluss dieser Phase muss sich die Software-Entwicklung – mit Schwerpunkt auf die Zusammenhänge zwischen Prozess und IS, Klassifizierung der Daten und der Benutzerschnittstelle – mit den Modellen auseinander setzen. 

Wir wollen hier zeigen, dass

·        ein Software-Entwickler in der Lage ist – anhand des Prozessmodells und der Erweiterung der Benutzerschnittstelle – das individuelle IV-System zu implementieren und

·        wie der Entwicklungszyklus aussieht, wenn sich im Rahmen der Implementierung weitere Änderungen am Prozess und IS ergeben.   

Informationen aus AENEIS® - Diagrammen

Folgende Informationen können aus den Berichten der AENEIS®-Modelle für die Software-Entwicklung herangezogen werden:

§         Geschäftsprozesse und Methoden (Funktionen), die aus den Prozessen heraus von den IV-Systemen erwartet werden.

§         Die Einbettung der ISe in die Prozesse (Welche Aufgabenträger werden von den Aktivitäten der Prozesse angewiesen, bestimmte Aufgaben auszuführen?).

§         Die Schnittstellen der Aktivitäten von Prozessen (erhaltene und produzierte Informationen).

§         An welcher Stelle müssen vom IV-System welche Informationen (Daten) und in welcher Form bereitgestellt werden.

§         Zusatzinformationen zu allen Komponenten eines Prozesses und IV-Systems (z.B. detaillierte Beschreibungen, Randbedingungen,..).

Informationen aus der Benutzerschnittstelle

Der aus den ISen eines AENEIS®-Modells generierte Prototyp einer Benutzerschnittstelle enthält folgende, für die Implementierung relevante Informationen:

§         Welche Funktionalitäten muss das zukünftige IV-System aufweisen, um den Anwender bestmöglich zu unterstützen?

§         In welcher Form werden Informationen (Daten) repräsentiert (Eingabefelder, Checkboxen, Liste,...)?

§         In welcher Form werden Methoden (Funktionen) repräsentiert (Button, Menüpunkt, Shortcut-Symbol)?

§         Interaktionsmöglichkeiten (Layout-Komponenten)

§         Welche Methoden-Aufrufe werden zu den einzelnen Methoden hinterlegt (Was passiert, wenn der Anwender auf einen Button drückt,...)?

§         Welche Methoden (Funktionen)  und Informationen (Daten) werden gruppiert dargestellt und welche getrennt (Klassifizierung der Daten/Methoden)?

§         Zusatzinformationen zu allen Komponenten eines IV-Systems betreffend der Umsetzung eines IV-Systems (Anmerkungen).

Implementierung von Informationsverarbeitungssystemen

Wir haben zu Beginn erwähnt, dass die Anwender bei der Gestaltung der Prozesse und ISe davon ausgehen können bzw. sollen, dass ihnen „alle“ Möglichkeiten der IT zur Verfügung stehen. Stellt sich nun in der Implementierungsphase heraus, dass die zukünftigen IV-Systeme die Anforderungen in der geforderten Form nicht erfüllen können, müssen diese Möglichkeiten auch berücksichtigt und mit den Anwendern abgeklärt werden. 

Warum es vor der Implementierung erneut zu Änderungszyklen kommt, kann folgende Gründe haben: 

§         Anwender gestalten nach bestem Wissen und Gewissen; die vielfältigen praktischen Erfahrungen der System-Entwickler kommen dem hinzu; Verbesserungsvorschläge sind die Folge.

§         Neue technische oder wirtschaftliche Erkenntnisse können Einfluss auf Prozesse und ISe haben (z.B.  beeinflusst die Übertragungsrate im Internet erheblich die Menge der zu übermittelnden Informationen).

Gibt einer der genannten Gründe Anlass für die Anpassungen der Prozesse oder der Benutzerschnittstelle, müssen diese den Anwendern vorgeschlagen werden. Die Änderungen werden von der System-Entwicklung erneut im AENEIS®-Modell vorgenommen und über ProtoGen präsentiert.

Der Weg über AENEIS® und ProtoGen wird damit begründet, dass

§         Änderungsvorschläge an Prozessen, ISen und der Benutzerschnittstelle rasch vollzogen und präsentiert werden können,

§         der Software-Entwickler nicht weiß, ob die Änderungsvorschläge vom Anwender akzeptiert werden,

§         Anwender in ihrer „vertrauten“ Entwicklungsumgebung bleiben können und

§         der konsequente Weg über das Modell eine korrekte und aktuelle Prozessbeschreibung garantiert.

Anwender entscheiden dann darüber, ob die Vorschläge umgesetzt werden oder nicht; mitunter sind auch in dieser Phase durchaus mehrere Durchläufe denkbar. Was sich im Gegensatz zum Zyklus zwischen Anwender und System-Entwickler ändert, sind die Akteure. Änderungen werden nun nicht mehr vom Anwender vorgeschlagen, sondern – aus einem der genannten Gründe – von der Software-Entwicklung. Der restliche Verlauf (Modellierung è System-Entwickler, Bewertung è Anwender) gestaltet sich wieder identisch. Am Ende des letzten Änderungszyklus vor der Implementierung sind Prozesse und IV-Systeme (Benutzerschnittstelle) so detailliert beschrieben, dass der Software-Entwickler mit der Programmierung des zukünftigen Systems beginnen kann.

Ergeben sich während der Implementierung weitere Änderungen (inhaltlicher oder struktureller Natur), werden diese konsequenterweise auch über das Prozessmodell (AENEIS®) und die Benutzerschnittstelle (ProtoGen) vorgenommen. Die Programmierung des IV-Systems wird im Hintergrund durchgeführt. Ergebnis der Implementierung ist das fertige IV-System und das aktuelle Prozessmodell.

Die Beschränkung auf die Benutzerschnittstelle macht es möglich,

§         simultan an den Änderungszyklen und der Implementierung zu arbeiten und

§         erspart die separate Entwicklung von System-Prototypen.

Weitere Vorteile gegenüber der sequentiellen Entwicklung von Prozessen und IV-Systemen sind:

§         Der Anwender kann sich langsam mit dem zukünftigen System vertraut machen (über die Benutzerschnittstelle).

§         Durch die Entwicklung/Überprüfung am Modell können aufwändige Änderungszyklen nach der Umsetzung eingespart werden.