Warum Sportinformatik?

Der Einsatz von informatischen Hilfsmitteln ist im Sportbereich schon seit Jahren üblich. Der Computer im Sport wird aber noch zunehmend an Bedeutung gewinnen. Besonderes Augenmerk wird im Leistungs- und Hochleistungssport auf die informatische Unterstützung von Training und Wettkampf gelegt. Training und Wettkampf stellen für sich komplexe, d.h. von vielen Variablen und ihren Wechselwirkungen abhängige Prozesse in der Zeit dar. Eine informatische Unterstützung ist daher anspruchsvoll, wegen der großen Informationsmengen aber sehr erstrebenswert. Biomechanische Analysewerkzeuge und Datenbanken zur Dokumentation von Trainings- und Wettkampfdaten haben sich in der Praxis schon bewährt. Aber auch die Videotechnik, die im Zusammenhang mit Spiel- und Wettkampf-Beobachtungssystemen eine wesentliche Rolle spielt, hat sich im praktischen Einsatz durchgesetzt. Ansätze, in denen Informationen aus Training und Wettkampf erfaßt, ausgewertet und als Rückkopplung an den Sportler oder die Mannschaft zur Steigerung der technischen und taktischen Fertigkeiten zurückführen, sind häufig anzutreffen. Es stehen Hilfsmittel und Werkzeuge der Informatik und dem Bereich Video in unterschiedlichster Form und Qualität zur Verfügung, deren technische Möglichkeiten, Einsatzbereiche und Benutzungsfreundlichkeit in den letzten Jahren wesentlich verbessert wurde. Der praktische Einsatz muß allerdings noch als "zurückhaltend" bezeichnet werden. Außer strukturellen Gründen wie etwa Problemen bei der Finanzierung oder Defiziten im Personalbereich mögen hierfür auch Unklarheiten hinsichtlich der realisierbaren Einsatzmöglichkeiten sowie allgemeine Akzeptanzprobleme verantwortlich sein.


Im Hochleistungssport werden immer neue Möglichkeiten zur Leitungsmaximierung gesucht. Allgemein sieht man aber nur mehr wenig Reserven in der Verbesserung einzelner Leistungsvoraussetzungen. Die Informatik hingegen ermöglicht eine integrierte Betrachtung und die systematische Analyse von Training und Wettkampf. Die Möglichkeiten für den Einsatz des Computers im Sport sind noch lange nicht ausgeschöpft. Es ist daher wahrscheinlich, daß der Einsatz von Informatik in der zukünftigen Tätigkeit von Trainern einen erheblich höheren Stellenwert einnehmen wird als dies gegenwärtig der Fall ist. Steigende Leistungsanforderungen stellen auch erhöhte Ansprüche an den Technologieeinsatz. Aus der Planung und Dokumentation, entsprechenden Leistungsdiagnostiken oder den Wettkampfergebnissen lassen sich die zu verändernden Leistungsfaktoren zur Erreichung der sportlichen Ziele ablesen. Es muß daher die Qualität und Quantität von Training und dessen Planung erhöht werden. Weiters sollen differenzierte Soll-Istwert-Vergleiche die Trainingsplanung erleichtern.
Neben Training und Wettkampf ist Information und Dokumentation als Beispiel für den Einsatz von Informatik im Sport zu nennen. Die inhaltlichen Ziele sind z.B. die Analyse von Verwendungsmöglichkeiten, die Vermittlung von Konzepten zur Modellierung von Datenstrukturen und Zugriffsformen und die Unterstützung bei dem Entwurf und der Umsetzung von Datenbanken und Netzen. Strukturelle Ziele könnten die Entwicklung übergreifender Datenbank- und Informationsnetz-Konzepte und der Entwurf zentraler multimedialer Informationspools sein. Bereits Verfügbar sind Systeme zur Trainingsdatendokumentation, Verwaltungsdatenbanken von Institutionen und eine Reihe von Rechercheprogrammen.


Die Konfrontation von Konzepten, Methoden und Techniken der Informatik mit der Theoriebildung und den Anforderungen der Sportwissenschaft führt häufig zu Verständigungsschwierigkeiten. Wesentlich ist hier das Verständnis von Modell und Simulation zu nennen. Eine Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit könnte durch den Versuch erreicht werden, die Konzepte der Modellbildung und der Simulation in einen gemeinsamen Theorierahmen einzubetten. Die Integration von informatischen Inhalten in die Ausbildung von Studenten, Übungsleitern und Trainern sollte deshalb ein mittel- bis langfristiges Ziel darstellen. Neben dem Aspekt des grundsätzlichen Informationstransfers belegen auch der zunehmende Bedarf an einer derartigen Berufsqualifikation von Seiten der Olympiastützpunkte, Verbände und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie das steigende Interesse an sportinformatisch ausgerichteten Diplomarbeiten und Dissertationen die Notwendigkeit eines sportinformatischen Studienangebotes. Für Meinberg ist die zukünftige Entwicklung der Sportwissenschaft von einer Ausdifferenzierung geprägt. So erwartet er die Entwicklung einer Teildisziplin Sportinformatik, die sich mit den Aufgaben der Produktion, Verarbeitung und Systematisierung von Informationen, der Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechniken und dem Einsatz spezifischer Weisen der Informationsaufbereitung beschäftigt.