Training und Wettkampf

Die ersten Impulse für eine Zusammenarbeit von Sport und Informatik lieferte die Unterstützung von Training und Wettkampf. Aus trainingswissenschaftlicher und -praktischer Sicht ist hauptsächlich der Zusammenhang zwischen den beiden komplexen Prozessen Training und Wettkampf interessant. Durch die Gestaltung von Trainingsprozessen möchte man die Wettkampfleistung maximieren. Im folgenden wird ein Modell für die Kopplung von Wettkampf und Training vorgestellt, das einen konzeptuellen Rahmen für eine sportinformatische Unterstützung bildet.


Ein Problem von wettkampforientiertem Training liegt darin, daß der Zusammenhang zwischen Leistungsvoraussetzungen und Wettkampfleistung nicht immer gegeben ist. Besonders in den Sportspielen haben Diagnoseverfahren, die nur isolierte Leistungsvoraussetzungen kontrollieren (z.B. Konditions- oder Techniktests), eine beschränkte Aussagekraft bezüglich der komplexen Wettkampfleistung. Das Training kann lediglich die Leistungsfähigkeit optimieren, es operiert auf der Basis der Leistungsvoraussetzungen. Ein Mittelfeldspieler in einer bestimmten Spielklasse muß z.B. die 1000m unter drei Minuten laufen können. Diese Leistungsvoraussetzung läßt sich trainieren. Die Anforderungen des eigentlichen Wettkampfes können aber nicht vorweggenommen werden, weil sie erst im Laufe des Interaktionsprozesses eines Spieles entstehen. In der Kopplung von Training und Wettkampf müssen also zwei Richtungen vorgesehen werden:

Das beschriebene Problem ist auch für einen typischen Konflikt in der Trainerrolle verantwortlich: Der Trainer kann nur auf der Ebene der Leistungsvoraussetzungen operieren, während seine Arbeit auf der Ebene des Wettkampferfolges bewertet wird. Für die Lösung dieses Problems wird die Kopplung von Training und Wettkampf in einzelne Problemkreise strukturiert.

Beschreibung

Der erste Weg zu einer begründeten Trainingsmaßnahme ist die Beschreibung des Wettkampfgeschehens. Wenn die Trainingssteuerung auf dem Wettkampfverhalten aufbauen soll, so muß dieses zunächst einmal abgebildet werden. Auf die verwendeten Verfahren, Trainingsdokumentation und Wettkampfbeobachtung wird in eigenen Kapiteln vertieft eingegangen.

Diagnose

Der Problemkreis Diagnose befaßt sich mit Deutungen, Interpretationen und Analysen des Wettkampfverhaltens damit Trainingsziele identifiziert werden können. Als zusätzliche Informationsquellen werden sportmotorische Tests oder videografische und biomechanische Bewegungsanalysen genutzt. Im wesentlichen sind zwei Aufgaben zu lösen:

Ein leistungsfähiges Beobachtungssystem kann hier wirksame Hilfestellungen geben. Wenn man z.B. die Plazierungsentscheidungen in einem Spiel mit ihrem Erfolg verknüpft, können globale Aussagen über die Angemessenheit von Entscheidungen getroffen werden. Die differenzierte Punkt-/Fehleranalyse nach Schlagkategorien, z.B. die Vorhand-Volleys longline nach einem Cross-Return, ergibt Hinweise auf technische Mängel. Die "Punktwolke" der Orte, an denen der erste Volley geschlagen wird, informiert darüber, ob ein Spieler hinreichend schnell ans Netz aufrückt. Trotz dieser Hilfestellung ist aber vor allem das Wissen und die Erfahrung des Trainers für die Qualität der Diagnose ausschlaggebend.

Trainingspraktische Umsetzung

Als Ergebnis der Beschreibung und Diagnose liegen abgeleitete Trainingsziele vor. Die Umsetzung der Trainingsziele in konkrete Maßnahmen im Training ist die Aufgabe dieses Problemkreises. Hier entscheidet sich, ob konkret Nutzen aus der Spielbeobachtung gezogen werden kann. Die gefundenen Trainingsziele müssen auf verschiedene Punkte überprüft werden:

Als wesentlicher Bestandteil der Kopplung von Training und Wettkampf ist die Rückkopplung über die Auswirkungen von Trainingsmaßnahmen auf das Wettkampfverhalten. Es muß also überprüft werden, ob getroffene Entscheidungen auch den gewünschten Erfolg brachten. Dies gilt sowohl für die Ansteuerung der kurzfristigen Ziele: "Wurde die taktische Konzeption eingehalten?" als auch der mittel- und langfristigen: "Ist das Serve-and-Volley-Spiel effektiver geworden" oder: "Ließ die Leistung gegen Ende der Begegnung nach?". Geschieht dies systematisch und unter Bezug auf das durchgeführte Training (Integration der Trainingsdokumentation), so häuft sich trainingsmethodisches Wissen an, das für spätere Trainingszyklen von großem Nutzen sein kann.