Modellbildung

Modellbildung ist sowohl innerhalb der Informatik als auch für die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Partnerwissenschaften von zentraler Bedeutung. In der Regel ist ein reales System in der Struktur seiner Komponenten und deren Wechselwirkungen sehr komplex. Es kann daher in seinem Verhalten und in seiner Interaktion mit der Umwelt nicht vollständig beschrieben werden. Dadurch wird verhindert, daß das zeitabhängige Verhalten eines solchen Systems exakt vorhergesagt werden kann. Durch Modellbildung wird das reale System durch Reduktion so weit vereinfacht, daß das Verhalten des Modells gegenüber dem des Systems nicht zu stark verfälscht wird. Die Modellierung hat zwei grundlegende Aspekte:

Ob die Abstraktion eine angemessene Abbildung der Realität ist, kann in der Phase des Entwurfes häufig nicht klar erkannt werden. So können wichtige Daten bei der Modellierung vergessen oder interessierende Informationszusammenhänge nicht verfügbar sein. Daher besteht der Modellierungsprozeß in der Regel aus einer Folge von schrittweisen Verfeinerungen, bis das Modell ein genügend genaues Abbild der Realität darstellt. Das Modell dient der Diagnose des Systemzustandes und der Prognose des Systemverhaltens.

Komponenten von Modellen im Sport

Im einfachsten Fall kann ein quantitatives Modell, das sich z.B. auf die Beschreibung der Häufigkeiten von Ereignissen beschränkt, durchaus hinreichend sein. Dabei geht aber der Kontext eines Ereignisses verloren. So kann im nachhinein nicht mehr festgestellt werden, aus welcher Spielsituation sich z.B. ein Ballverlust im Fußball ergeben hat. Es müssen daher die Zustands-Kontexte von Ereignissen und die zeitliche Abfolge der Ereignisse für eine objektive Analyse eines komplexen Spielverlaufes erfaßt werden.

Beobachtungsdaten lassen sich mit Hilfe eines Daten-Modells darstellen. Dieses muß in Form genauer Datenstrukturen spezifiziert werden. Daten-Modelle dienen der Beschreibung von Zuständen, Aktionen und Ereignissen. Das Ereignis Schlag im Tennis kann z.B. durch das Kategoriensystem <Position, Technik, Orientierung, Ergebnis> angegeben werden. Den Kategorien werden bei der Erfassung eines Ereignisses konkrete Ausprägungen zugeordnet. Für die Kategorie Technik könnten die Ausprägungen "Topspin", "Slice" oder ähnliche definiert sein. Die erfaßten Daten werden in der Regel in einer Datenbank gehalten, die auf das Daten-Modell abgestimmt sein muß. Zur Auswertung der erfaßten Daten dient das Berechnungs-Modell. Es werden Auswertungsschemata für die Daten und Bewertungschemata für die Ereignisse in Form geeigneter Verfahren bereitgestellt. Das folgende Beispiel bezieht sich auf das oben genannte Kategoriensystem:

Berechne Anzahl aller Einträge: Schlag = <Position, Technik, Orientierung, Ergebnis>
mit Position = "Grundlinie Vorhand"
und Technik = "Topspin"
und Orientierung = "Longline"
und (Ergebnis = "Punkt" oder Ergebnis = "weiter")

Die Ausgabe der Daten, Auswertungen und Ergebnisse in Form von Tabellen, Grafiken, Simulationen, Animationen oder Videosequenzen erfolgt über ein Präsentations-Modell. Den eigentlichen Kern der Modellierungsarbeit bildet aber die Erstellung des zentralen System-Modells. Ist das zu modellierende System ein Wettkampf, dann könnte das eigentliche Wettkampf-Modell festlegen, wie das Daten-Modell die interessierende Struktur des Wettkampfes beschreibt und welche Analysen das Berechnungs-Modell ermöglichen soll.