In diesem Kapitel werden Berechnungs- und Auswertungsverfahren vorgestellt, die in der Sportwissenschaft verwendet werden. Die Entwicklung dieser Verfahren ist an informatischen Grundlagen gebunden. Neben den klassischen Verfahren der Statistik werden auch neue alternative Ansätze vorgestellt. Solche Ansätze sind Neuronale Netze und die Fuzzy Logik, die derzeit ihren Einzug in die Sportwissenschaft halten. Ein Nachteil von statistischen Methoden ist, daß relativ umfangreiche Stichproben vorliegen müssen. Anders können kaum relevante Aussagen gemacht werden. Die neuen Ansätze sind an keine bestimmte Stichprobe gebunden.
Statistische Probleme werden seit dem Beginn der Informatik durch spezielle Computerprogramme gelöst. In der Sportwissenschaft stellt die Statistik eines der ältesten Anwendungsgebiete für den Einsatz von Informatik im Sport dar. Statistische Methoden weisen einen breiten Anwendungsbereich auf. Sie eignen sich
Einfache statistische Methoden (1. und 2.) werden im Schul- und Vereinssport gleichermaßen angewendet.
Zu nennen sind geordnete Ergebnislisten von Sportfesten, die Angabe von Durchschnittsleistungen oder das Zählen
von Vereinsmitgliedern, Teilnehmern an Wettkämpfen, Volksläufen usw..
Fragen nach Zusammenhängen zwischen zwei oder mehr Merkmalen (3.) erstrecken sich sowohl auf Probleme innerhalb
einer sportwissenschaftlichen Teildisziplin als auch auf solche zwischen den Teildisziplinen. Interessant sind
z.B. Fragen nach dem Zusammenhang von motorischen und sportmotorischen Fähigkeiten (Bewegungslehre), von motorischen
und kognitiven Persönlichkeitsmerkmalen (Bewegungslehre/Sportpsychologie), von Körperkoordination und
Sozialmilieu (Bewegungslehre/Sportsoziologie) oder von Aggressivität in Mannschaftsspielen und der Spielstärke
der beteiligten Mannschaften (Sportpsychologie). Auch die Frage nach Unterschieden zwischen Gruppen (3.) ist häufig
anzutreffen. In diesem Sinne kann ein Vergleich der Intervall- und Dauermethode hinsichtlich ihrer Effektivität
oder des praktischen und des mental-praktischen Trainings genauso durchgeführt werden wie die Überprüfung
der Wirksamkeit von sportbezogenen Sonderprogrammen für verhaltensgestörte Kinder. Die Möglichkeiten
des induktiven Schließens (4.) und der Quantifizierbarkeit des Risikos bei Verallgemeinerungen (5.) sind
durch die Hochrechnungen bei Wahlen bekannt und anerkannt. Die Hochrechnung ist eine Vorhersage des unbekannten
Gesamtergebnisses aufgrund des bekannten Ergebnisses einer kleinen Auswahl. Ein solche Vorhersage ist nicht ohne
das Risiko eines Irrtums möglich.
In Verbindung mit der Datenanalyse ergeben sich bei der Verwendung von neuronalen Netzen verschiedene Vorteile. Selbst wenn Informationen im Eingabevektor fehlen oder zuviel sind, wenn bei der Mustererkennung von Gesichtern beispielsweise im Gegensatz zu dem vorher trainierten Muster der Bart fehlt oder eine Brille hinzukommt, kann das Netz den richtigen Ausgabevektor finden. Weiters sind neuronale Netze tolerant gegenüber zufälligen Eingabeschwankungen (noise). Verrauschte Eingaben sind bei menschlicher Mustererkennung eher die Regel als die Ausnahme. Ein Ausfall einzelner Neuronen führt nicht zum totalen Zusammenbruch des Netzwerks. Im Bereich der Spracherkennung werden Neuronale Netze bereits im Sport eingesetzt. In Verbindung mit Sportspielen sind Systeme denkbar, die aus einer Videoaufnahme gewisse Spielsituationen erkennen und die folgenden Spielzüge simulativ darstellen können.
Die Fuzzy Logic eignet sich zur Lösung von Problemen der multivariaten Statistik. Der wichtigste Punkt bei der Verwendung der Fuzzy Logic ist die Ermittlung von Zugehörigkeitswerten unter der Berücksichtigung von Expertenwissen. Der Zugehörigkeitswert ist eine Maßzahl dafür, wie stark ein bestimmtes Element einer Menge (z.B. ein Sportler) einer definierten Situation, Bewertung, Klasse usw. zugeordnet werden kann. Im allgemeinen erfolgt die Ermittlung solcher Zugehörigkeitswerte über Zugehörigkeitsfunktionen.
Eine weitere Eigenschaft macht den Einsatz der Fuzzy-Theorie besonders praxisnah: Ihre Fähigkeit, linguistisch
ausgedrücktes Wissen zu verarbeiten. Variablen aus subjektiven Theorien liegen meist nicht in der Form parametrischen
Wissens vor, sondern eher als qualitative Aussagen. So wird kein Trainer die psychische Stabilität eines Spielers
im Wettkampf mit dem Wert 0,6 angeben. Aussagen von der Qualität "sehr hoch", "hoch",
"mittel", "gering" oder "sehr gering" sind dagegen recht geläufig und haben
auch einen relativ verbindlichen Informationsgehalt. Jeder Fachmann weiß ungefähr (d.h. fuzzy), was
mit einer hohen psychischen Wettkampfstabilität im Gegensatz zu einer mittleren gemeint ist.